Millionengrab Cellulite
Materialschlacht gegen die lästigen Dellen
Das Thema Cellulite ist der Dauerbrenner schlechthin. Ein ganzer Wirtschaftszweig lebt nicht schlecht von diesem
Phänomen, denn alljährlich werden viele Hundert Millionen Euro zur Bekämpfung der lästigen Dellen ausgegeben. Mit meist
bescheidenen Resultaten. Anscheinend ist die Orangenhaut gegen die meisten Versuche, sie zu bekämpfen, resistent.
Doch woran liegt es, dass ein Phänomen, unter dem 80% aller Frauen leiden, scheinbar nicht in den Griff zu bekommen
ist? Was genau ist überhaupt Cellulite?
Wer diese Erscheinung wirklich verstehen will, stellt fest, dass es fast nur oberflächliche Informationen dazu gibt. Was es
gibt, stammt zum größten Teil von Verkäufern mehr oder weniger wirksamer Abhilfen. Die physiologische Beschreibung des
Phänomens Cellulite ist meist so gehalten, dass sie zum angebotenen Produkt passt.
Viele Faktoren wirken zusammen Cellulite wird von vielen Faktoren, die sich zudem gegenseitig verstärken, verursacht. Zunächst ist die Struktur des
weiblichen Bindegewebes eine Hauptursache dafür, dass Cellulite überhaupt sichtbar werden kann. Das weibliche
Bindegewebe ist für eine eventuelle Schwangerschaft in parallel verlaufenden, dehnbaren Strängen angeordnet,
wohingegen beim Mann eine gitternetzartig verwobene Struktur vorzufinden ist. Dies ist hormonell bedingt. Unter dem
Einfluss weiblicher Hormone nimmt das Bindegewebe die weibliche Struktur an, männliche Hormone erzeugen die
Gitternetzstruktur.
In der Gitternetzanordnung haben Fettzellen nicht die Möglichkeit, beliebige Größen zu erreichen. Bei der Frau ist das
unverhältnismäßige Wachstum oder der Zusammenschluss von Fettzellen zu größeren Ballungen möglich, da die parallel
verlaufenden Bindegewebsfasern leichter auseinander gedrückt werden können. Damit können sich größere Fettballen bilden.
Diese drücken von innen gegen die obere Hautschicht, die sich darauf nach außen wölbt. An den Stellen, an denen sich
Bindegewebsstränge befinden, kommt es zu Einziehungen der Haut nach innen - voilà, Orangenhaut!
Der Ort, an dem das Problem sitzt, ist die Unterhaut, Subcutis genannt. Die Unterhaut ist eine Struktur von
Bindegewebsfasern, zwischen denen sich Fettzellen befinden. Dieses Gewebe nennt man subkutanes Fettgewebe. Im
Gegensatz zu der tiefer liegenden Depotfettschicht besteht die Aufgabe der subkutanen Fettschicht nicht in der
Speicherung von Energiereserven, sondern z.B. darin, für die Wärmeisolation und den Schutz des Körpers zu sorgen. Gemäß
dieser Aufgabentrennung sind die subkutanen Fettzellen wesentlich hartnäckiger als die Depotfettzellen. Fettzellen
verfügen über Rezeptoren für die Aufnahme oder die Abgabe von Fett, die durch bestimmte Botenstoffe aktiviert werden.
Die subkutanen Fettzellen verfügen über deutlich weniger Rezeptoren zur Fettabgabe als die Depotfettzellen. So kommt
es, dass selbst bei deutlicher Gewichtsreduktion die Cellulite trotzdem bestehen bleiben kann. Aber das Problem wird
noch durch einen weiteren Faktor verschlimmert.
Tatsächlich enden die feinsten Blutgefäße einfach mitten im Raum zwischen den Körperzellen, dem so genannten
Zwischenzellraum, welcher mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, der Gewebsflüssigkeit. Die durch das Blut transportierten
Nährstoffe sowie Sauerstoff treten durch die Wände der Blutgefäße in die Gewebsflüssigkeit aus und
„schwimmen“ darin herum, bis sich eine Zelle daran bedient. Die Zelle nimmt sich einfach aus der
Gewebsflüssigkeit die Stoffe, die Sie braucht, verarbeitet sie im Inneren und gibt die Endprodukte wieder ab. Diese
Endprodukte, z.B. Kohlendioxid, Reste von abgestorbenen Zellen, Säuren und Feststoffe, bezeichnet man allgemein als
„Schlacken“: einfach der Müll, den die Zelle vor ihre Haustüre kippt und durch die Gewebsflüssigkeit wegspülen
lässt. Dieser Müll wird durch Blut und Lymphbahnen abtransportiert.
Bei der Cellulite aber sind die Fettzellen so vergrößert, dass der Raum dazwischen immer kleiner wird. Die Zellen werden
nicht mehr von der Gewebsflüssigkeit umspült, sondern sind so aneinander gepresst, dass die dazwischen
eingeschlossene Flüssigkeit nicht mehr zirkulieren kann. So tritt praktisch der Ver- und Entsorgungskollaps in diesem
Gewebe ein.
Die Folge ist eine zunehmende Verschlackung. Das Gewebe wird durch die gestauten Schlacken zunehmend übersäuert,
die Neubildung von Kollagen und Elastin lässt nach, das Bindegewebe wird zäher. In dem „zugemüllten“
Gewebe erhöht sich das Risiko von Infektionen und Entzündungen und schließlich werden die Fettzellen vom übrigen
Stoffwechsel abgeschnitten. Das bedeutet, dass auch Botenstoffe, die die Fettzelle zur Freigabe ihrer Fette veranlassen
sollten, sie gar nicht mehr erreichen können. Damit ist zu erklären, dass selbst extrem dünne Frauen trotzdem an Cellulite
leiden können. Das durch den Stoffwechsel erreichbare Fett ist zwar aufgezehrt, die Cellulite-Fettzellen können aber von
keinem Stoffwechselbefehl mehr erreicht werden.
Lösungen müssen an vielen Punkten ansetzen Obwohl sich die Cellulite nicht leicht in den Griff bekommen lässt, ist dem Problem trotzdem beizukommen. Dies erfordert
allerdings eine konsequente, nachhaltige und langfristige Arbeit mit einem umfassenden Konzept, das den
physiologischen Gegebenheiten gerecht wird.
Salben und Cremes helfen nur bedingt Die Kosmetikindustrie ist um vollmundige Versprechen zur Lösung des Problems nicht verlegen. Allerdings reduzieren
sich die Möglichkeiten, eine tatsächliche Verbesserung zu erzielen, auf das Erscheinungsbild und die Struktur der obersten
Hautschichten. Wirkstoffe aus Cremes und Salben können grundsätzlich keine Fettpolster „schmelzen“
lassen, da Fettpolster ausschließlich durch körpereigene Botenstoffe kontrolliert werden und eventuelle Wirkstoffe aus
äußerlicher Anwendung nicht tief genug bis in das entsprechende Gewebe eindringen können. Bestimmte Substanzen
können aber über die Verstärkung von Durchblutung und Nährstoffversorgung der oberen Hautschichten deren Elastizität und
Erneuerungsgeschwindigkeit erhöhen, wodurch leichte Cellulite zum Teil kompensiert werden kann.
Ernährungsanpassung und Sport gegen Fettpolster Die Umstellung auf eine körperlich aktive Lebensweise und eine gesunde Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr
und entsäuernden Nahrungsmitteln ist zur Bekämpfung der Cellulite absolut unumgänglich.
Damit die Verschlackungen abtransportiert werden können, muss der Flüssigkeitsaustausch angekurbelt werden. Mit
Flüssigkeit ist dabei Wasser gemeint. Möglichst ohne Kohlensäure und davon reichlich, mind. 2-3 Liter täglich. Kein Mensch
käme auf die Idee, sein Auto mit nur einem einzigen Glas Wasser zu waschen. So geht es auch dem Körper. Auch
„Cola light“ benutzt man nicht, um die Wohnung zu putzen. Wasser hat die Aufgabe, als Lösungsmittel für
Abfallstoffe im Körper zu arbeiten. Je weniger Stoffe wie Farb-, Aroma-, Konservierungsstoffe und Chemikalien von
vornherein in diesem Wasser enthalten sind, desto mehr kann es im Körper aufnehmen und ausschwemmen.
Die Nahrung soll die Entsäuerung des Bindegewebes unterstützen. Viel Obst und Gemüse gehört auf den Tisch und die
Kalorienzufuhr sollte ein wenig unter dem täglichen Verbrauch liegen. So wird der Körper gezwungen, zur Deckung des
Energiebedarfs seine Fettreserven aufzulösen.
Bewegung und Sport hilft auf mehreren Ebenen. Durch Bewegung wird zusätzlich Energie verbraucht, was den
Tagesverbrauch an Kalorien erhöht. Zudem soll durch geeignetes Training ein leichter Zuwachs oder zumindest die
Erhaltung von Muskelsubstanz gefördert werden. Muskeln benötigen auch dann Energie, wenn sie ruhen. Im Schlaf deckt
der Körper seinen Energiebedarf fast ausschließlich durch Fettreserven.
Noch wichtiger ist allerdings der Umstand, dass der Flüssigkeitsaustausch zwischen den Zellen, auch und besonders
zwischen den Zellen des subkutanen Gewebes, nicht von selbst erfolgt. Die Gewebsflüssigkeit ist praktisch ein stehendes
Gewässer. Nur durch Bewegung erfolgt hier ein Austausch und nur so kann ein Stoffwechsel in diesen Arealen überhaupt
funktionieren. Dies bezeichnet man als Muskelpumpe für das lymphatische System.
Durch Erhöhung des Flüssigkeitsumsatzes, Verbesserung der Ernährung, Erhöhung des Energieverbrauchs und Steigerung
der lymphatischen Aktivität kann somit die Stoffwechseltätigkeit auch im Bereich der Cellulite optimiert werden.
Äußere Gewebestimulation beschleunigt die Erfolge In den schwereren Fällen ist es oft nicht möglich, durch Ernährung und Sport die gewünschten Ergebnisse schnell genug zu
erzielen, denn das Gewebe ist offenbar so stark verschlackt und verstopft, dass es zusätzlich stimuliert werden muss. Um
wirksam zu sein, muss eine Behandlung von außen eine möglichst umfassende Verbesserung des Flüssigkeitsaustausches
bewirken. Hier gibt es eine Vielzahl von Konzepten, die entweder mit elektrischer, thermischer, durch Unterdruck,
Überdruck, mechanischer oder mit aus diesen Faktoren kombinierter Bearbeitung des betroffenen Bereichs vorgehen.
Das Mittel, mit dem der Effekt erreicht werden soll, ist dabei egal. Ausschlaggebend ist nur der Wirkungsgrad. Dabei gilt:
je gründlicher und gleichmäßiger das Gewebe gerüttelt, gewalkt, geknetet und die Zellen dabei gegeneinander hin- und her
geschoben werden, desto besser. Verfahren, die ausschließlich auf Wärme, Kompression oder elektrischem Strom
beruhen, scheinen weniger Erfolg versprechend zu sein, denn mit Wärme wird zwar die Durchblutung verbessert, aber
nicht der Austausch der Gewebsflüssigkeit. Kompression, z.B. durch Wickel und Binden nützt etwas mehr, denn damit wird
Flüssigkeit aus dem Gewebe abgepresst, nach Lösen der Kompression kann dann wieder frische Flüssigkeit einströmen.
Wirklich effektvoll ist dies aber nur in Verbindung mit aktiver oder passiver Bewegung des betroffenen Areals.
Das Ziel ist die Rückholung des von Cellulite betroffenen Gewebes in den aktiven Stoffwechsel und der Abtransport von
Schlacken und überschüssigen Flüssigkeitseinlagerungen. Damit können die Zellen wieder von Botenstoffen erreicht werden,
die sie zur Abgabe ihres Fettes veranlassen. In Verbindung mit der richtigen Ernährung und ausreichend Sport kann damit
eine wirkliche und langfristige Besserung erzielt werden. Es erfordert zwar viel konsequente und nachhaltige Arbeit, aber
die Mühe wird sich lohnen.
Cellulitekrieg extrem: Wegsaugen, wegspritzen oder zerschießen Das bekannte Verfahren der Fettabsaugung dient eigentlich gar nicht der Bekämpfung von Cellulite. Da bei dieser
Methode das Depotfett, kaum aber das subkutane Fett erreicht werden kann, wird damit hauptsächlich eine Konturierung
der Figur erzielt, Cellulite aber wird höchstens indirekt beeinflusst. Die subkutane Fettschicht ist meist zu dünn und zu stark
mit Blutgefäßen und Nerven sowie Bindegewebsfasern durchzogen, als dass man dort mit dem relativ groben Werkzeug
einer Saugkanüle ansetzen könnte, ohne Schäden zu verursachen.
Eine weitere Methode ist die so genannte „Fett-Weg-Spritze“, bei der der Wirkstoff Phosphatidylcholin
direkt in das Fettgewebe gespritzt wird. Dort lädt sich dessen Lecithin mit Fettsäuren auf und transportiert sie aus der
Fettzelle. Die ausgeschleusten Fettpartikel werden über das körpereigene Lymphsystem abtransportiert. Angeblich wurden
dabei noch keine negativen Folgen beobachtet, das Verfahren wurde vor ca. 10 Jahren entwickelt und seitdem oft
angewendet. Das verwendete Medikament ist eigentlich für Cholesterinpatienten entwickelt und für die Fettinjektion nicht
offiziell zugelassen. Entsprechend kontrovers wird daher auch die Diskussion um diese Methode geführt.
Eine der neuesten und auch radikalsten Methoden ist die Behandlung mit elektromagnetischen Hochfrequenzgeräten, die
ein Wechselstromfeld erzeugen, das die subkutanen Fettzellen in Schwingung versetzt, worauf sie und das umliegende
Bindegewebe sich erwärmen. Da Fett ein schlechterer Wärmeleiter als Wasser ist, heizen sich die Fettzellen stärker auf als
das umliegende Gewebe und platzen schließlich. Das freiwerdende Fett soll dann angeblich über lymphatische Abbauwege
entsorgt werden. Zusätzlich wird durch Wärme eine gezielte Verletzung des Bindegewebes verursacht, um eine durch
Reparaturvorgänge erzeugte Verstärkung und Straffung des Bindegewebes zu erzielen.
Um dieses Verfahren wirklich beurteilen zu können fehlte es bislang an aussagekräftigen Dokumentationen. Da Fettzellen
auch ein Endlager für Umweltgifte sind, die darin weggeschlossen werden, ist eine unkontrollierte Freisetzung zumindest
bedenklich. Es ist erwiesen, dass Zugvögel oft einen plötzlichen Vergiftungstod mitten im Flug erleiden und abstürzen, weil
sie ihre Fettreserven und mit ihnen die über Monate eingelagerten Umweltgifte wie Pestizide auf dem Flug nach Süden zu
schnell freisetzen. Eine so schlimme Reaktion ist zwar nicht zu erwarten, aber man sollte auch diesen Effekt
berücksichtigen.
Den Mut nicht verlieren Die Pille gegen Cellulite gibt es nicht und wird wohl auch noch sehr lange auf sich warten lassen. Augenscheinlich
einfache Lösungen bringen meist nichts und verschlingen nur Geld. Je konsequenter und nachhaltiger aber an dem
Problem gearbeitet wird, desto sicherer stellen sich Erfolge ein. Mit Entschlossenheit und dem richtigen Konzept ist ein
Leben ohne Dellen durchaus möglich - also gilt: ran an den Speck!